Kulturbetrieb Arnstadt

Neues Palais

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Das Schlossmuseum Arnstadt gehört zu den zahlreichen
Glas erstaunt

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Foto: Thomas Wolf, Gotha 13. Mai - 16. April
Festsaal

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Seit dem 5. April 2014 ist – nach langen Jahren der
Audienzzimmer

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Das rekonstruierte Audienzzimmer mit Gemälden, Möbeln
Rotes Eck-Kabinett

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Im Roten Eck-Kabinett beeindrucken die Dorotheenthaler
Mon Plaisir

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Der Besuchermagnet im Schlossmuseum Arnstadt ist die
Bilderkabinett

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Das Bilderkabinett vermittelt durch seine grüne
Porzellankabinett

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Neues Palais Das Schlossmuseum Arnstadt gehört zu den zahlreichen Thüringer Museen, die sowohl ihren baulichen Bestand als auch den größten Teil ihrer Kunstsammlungen fürstlicher Initiative verdanken.Fürst G Mehr
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Festsaal Seit dem 5. April 2014 ist – nach langen Jahren der Schließung und etappenweisen Restaurierung – der Festsaal im Arnstädter Schlossmuseum wieder für unsere Besucher zu besichtigen. Die historis Mehr
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Rotes Eck-Kabinett Im Roten Eck-Kabinett beeindrucken die Dorotheenthaler Fayencen, die mit ihrer weißen Glasur und der farbigen, meist blauen Bemalung den Raum dominieren. Zu sehen sind sowohl höfische Erzeugnisse †Mehr
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Melissantes

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MELISSANTES – Ein Thüringer beschreibt die Welt des Barock
Ausstellung im Schlossmuseum Arnstadt vom 15. November 2014 bis 8. März 2015.
Von 1706 bis 1720 lebte und wirkte der freischaffende Schriftsteller, Geograph und Historiker Johann Gottfried Gregorii (1685–1770) alias MELISSANTES in Arnstadt. Unter förderlichen Bedingungen für Kunst und Kultur nahm hier zu Beginn des 18. Jh.s, ähnlich wie beim gleichaltrigen Johann Sebastian Bach (1685–1750), eine steile und nachhaltige Karriere ihren Anfang.

Von der schwarzburgischen Residenzstadt aus schuf Gregorii, häufig unter dem Pseudonym MELISSANTES, ein damals deutschlandweit beliebtes und international wahrgenommenes geographisches Informationssystem für Schüler, Bürger, Bauern und Reisende. Auch der erste Thüringenführer aus dem Jahr 1711, wohl zugleich der erste deutsche Regionalführer überhaupt, entstammt seiner Feder.

Bereits 1708 philosophierte MELISSANTES über die deutsche Einheit. Ein Kreis von Weimarer Gelehrten um Friedrich Justin Bertuch (1747–1822) erinnerte sich einhundert Jahre später in Zeiten napoleonischer Besatzung an den Visionär und bezeichnete MELISSANTES als ersten Autor, der für ein gesamtdeutsches Publikum geschrieben und mit seinen Büchern den nationalen Einheitsgedanken verbreitet hat. Im Jahr 1723 vertextete er einen Taschenatlas von Deutschland, als Fortsetzung seines Schul- und Reiseatlasses von 1717.

MELISSANTES bewegte sich gedanklich und emotional im Spannungsfeld zwischen Physikotheologie und Rationalismus. Die Entwicklung einzelner Geisteshaltungen des tiefgläubigen Christen bildete die Fähigkeit zum konstruktiven Umgang mit realen und scheinbaren Widersprüchen zwischen naturwissenschaftlich begründeten Erkenntnissen und religiösen Lehren aus. Charakteristisch für die Entwicklungsfähigkeit von Gregorii wie auch für den herrschenden Zeitgeist war die Wandlung vom polemisierenden Kritiker des heliozentrischen Weltbildes nach Kopernikus zum wertschätzenden Bewunderer dieser Lehre als göttliche Vorstellung  innerhalb eines Jahrzehnts. Diese Selbstkorrektur kennzeichnete den lernfähigen Fachexperten auf hohem intellektuellem Niveau.

Gregorii legte Wert auf ein anständiges Leben entsprechend christlicher Moralvorstellungen und vernunftgeleitetem Handeln. Sieben Jahrzehnte vor Knigge veröffentlichte der Volksaufklärer ein bekanntes Benimmbuch, welches zudem einen Fürstenspiegel und visionäre Ideen zur planvollen und optimierbaren Berufswahl enthielt. Durch letztere Ideen nahm er eine Entwicklung vorweg, die erst zweihundert Jahre später durch Wissenschaftler des 20. Jh.s in Gang gesetzt wurde.

Die Sagenüberlieferungen von MELISSANTES blieben bis zum Beginn des 19. Jh.s populär. Die Brüder Grimm, Ludwig Bechstein, Achim von Arnim und andere rezipierten später etliche Texte. Darunter Sagen wie „Der Rattenfänger von Hameln“, die Kyffhäusersage, „Der Graf von Gleichen“, „Faustens Höllenzwang“ oder „Wilhelm Tell“. Charlotte von Schiller, Immanuel Kant und Johann Wolfgang von Goethe zählten zu seinen prominentesten Lesern. In den Bibliotheken der Arnims, der Brentanos, der Lengefelds oder des Geographen Carl Ritter lassen sich Bände aus der Feder von MELISSANTES finden.
Durch geographische Lehrbücher, Atlanten, Lexika, Genealogien, Psychologie- und Benimmratgeber sowie Berufsbeschreibungen gewährt MELISSANTES der Nachwelt einzigartige, authentische und wunderbare Einblicke in die Welt des Barock. Seine in Zeiten bewegender Umbrüche, Kriege, Seuchen, aber auch epochaler Entwicklungen in Kunst, Technik und Kultur verfassten Texte bilden eine eigenständige Jahrhundertquelle. Die Bücher von MELISSANTES sind besonders wertvoll, da sie neben aufwendig recherchierten Fakten und einem fundierten zeitgenössischen Universalwissen auch Vergleiche, Wertungen und zeitlose philosophische Diskurse eines Gelehrten enthalten, ohne dass der Inhalt durch machtpolitische Interessen oder institutionelle Bindungen verfälscht oder geschönt worden ist.

Informativ und amüsant zugleich ist dank MELISSANTES zudem etwas darüber zu erfahren, wie die Deutschen, insbesondere die Thüringer, vor dreihundert Jahren stereotyp über andere Nationaltäten (z.B. Franzosen, Engländer, Italiener, Schweizer, Grönländer) dachten.

Ergänzend zu weiteren Ausstellungsschwerpunkten wie z.B. Gregoriis Beiträgen zur Musikwissenschaft und zur Kartographiegeschichte oder der Etablierung des politisch-geographischen Journalismus in Erfurt wird der Frage nachgegangen: Hat MELISSANTES jemals Bach getroffen?

Der Musikliebhaber und -kenner Gregorii lobte 1712 die Musik als die höchste der sieben freien Künste und zählte Bach 1744 zu den besten deutschen Organisten. Er selbst war jedoch vor allem ein Mann des geschriebenen Wortes. MELISSANTES besaß bereits 1739 als berühmter Schriftsteller einen eigenen Eintrag in Zedlers Lexikon. Die Bücher zur Geographie und Kartographie von MELISSANTES wie auch seine Sagenüberlieferungen galten seinerzeit als Standardwerke im deutschsprachigen Raum.

Johann Gottfried Gregorii alias MELISSANTES

17. Februar 1685
Geburt in Toba als Sohn des lutherischen Pfarrers Gottfried Gregorii und dessen zweiter Ehefrau Anna Magdalena geb. Reiff

1697–ca. 1702
nach schwerer Krankheit und Verlust der Eltern folgt der Besuch der Stiftsschule in Ebeleben

1703–1706
Theologiestudium in Jena mit besonderer Förderung durch den Historiker Burkhard Gotthelf Struve (1671–1738)

16. Nov. 1706
Hochzeit mit Barbara Margaretha Sommer, Tochter des verstorbenen Kaufmanns und Ratsherren Johann Heinrich Sommer; Hochzeitsmusik Wie schön leuchtet der Morgenstern

1706–1720
der freischaffende Autor, Geograph und Historiker Gregorii wohnt und schreibt im Haus der verwitweten Schwiegermutter, Anna Magdalena Sommer geb. Koeppel, Unter dem Berge im Arnstädter Riedviertel, keine 200 Meter von der Neuen Kirche, der Wirkungsstätte von Bach, entfernt

1713–1719
mit Einkünften von etwa 500 Rthl. aus Autorenhonoraren, basierend auf der erfolgreichen Zusammenarbeit mit führenden Verlagen des Reiches, erreicht der durch den Numismatiker Christian Schlegel, den Geographen Christian Juncker, den Hymnologen Johann Christoph Olearius, den Historiker Burkhard Gotthelf Struve und Kanzler Johann Georg Zange unterstützte Autor den Höhepunkt seiner Schriftstellerkarriere

1720–1733
Pfarrer in Siegelbach und Dosdorf

1733–1770
Pfarrer in Dornheim

1744
als letztes Buch aus der Feder von MELISSANTES erscheint das Gemüths vergnügende Historische Hand-Buch für Bürger und Bauern mit zahlreichen historischen Berufsbeschreibungen

4. August 1770
in Dornheim verstorben


Ausstellungsgespräche (jeweils 14.30 Uhr) mit dem Kurator der Ausstellung, Herrn Carsten Berndt:
12.12.2014 / 16.01.2015 / 30.01.2015 / 13.02.2015 / 27.02.2015

Eintrittspreis jeweils ohne Führungspauschale

Weitere Sonderveranstaltungen zur Ausstellung sind der Tagespresse zu entnehmen.